2018/A/08 Beschäftigte vor gefährlichen asbesthaltigen und mineralischen Fasern schützen!

Status:
Annahme

Der Landesparteitag möge beschließen:

In den 1950er- und 1960er-Jahren war Asbest ein beliebter und günstiger Baustoff. Die damit verbundenen Gesundheitsgefahren wurden allgemein unterschätzt. Die Folge: viele schwere Erkrankungen und Todesfälle (Asbestose, Lungenkrebs). Bereits seit 1979 ist Spritzasbest in Westdeutschland verboten. Es dauerte allerdings bis 1993, ehe ein bundesweites Herstellungs- und Verwendungsverbot durchgesetzt wurde. Seit 1999 gilt in der EU ein Asbestverbot.
Trotz des umfassenden Asbest-Verbots sterben in Deutschland jährlich etwa 1 500 Menschen an den Folgen dieses gefährlichen Werkstoffes. Jedes Jahr werden alleine in Deutschland nahezu 9.500 neue Verdachtsfälle angezeigt. Bis zum Verbot wurde der Werkstoff aufgrund seiner vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten in mehr als 3.500 verschiedenen Produkten eingesetzt. Aktuell sind noch immer mehr als 35 Millionen Tonnen asbesthaltiges Material verbaut. Asbest wurde Baustoffen wie Putzen, Klebern und Spachtel- und Dichtungsmassen zugemischt, was in der Praxis vielfach noch unbekannt ist. Vor allem bei Instandhaltungs-, Sanierungs- und Abbrucharbeiten von Gebäuden, bei Maschinen und Anlagen, in Zügen oder Schiffen können diese Asbestfasern, die zu schweren (tödlichen) Erkrankungen führen können, freigesetzt werden. Allein in Deutschland hatten Ende 2012 noch rund 90.000 Beschäftigte Kontakt mit Asbestprodukten. Neu ist, dass in Maschinen und Aggregaten aus Fernost (z.B. China) heute wieder Asbest zum Teil verbaut ist. Zusätzlich treten diese Gefahren auch bei mineralischen Fasern, die vor 1995 verbaut wurden, auf.
Besonders betroffen von den Gesundheitsbelastungen durch krebserregende Stoffe/Stäube sind prekär Beschäftigte (Zeit-/Leiharbeitsbeschäftigte oder Beschäftigte per Werkvertrag) im Bereich Sanierung/Wartung. Problematisch sind dabei vor allem illegale Arbeiten, ob unbewusst, ahnungslos oder bewusst kriminell. Auch wenn Asbest nicht mehr eingesetzt werden darf, kann er im Zuge von Arbeiten an asbestbelasteten Bauteilen freigesetzt werden und ist damit weiterhin eine Gefahr für alle Beteiligten. Erschwerend kommt hinzu, dass bislang noch keine detaillierten Angaben zur Verbreitung von Asbest in Bauprodukten vorliegen. Es besteht weiterer Aufklärungsbedarf, wann, wo und in welchem Ausmaß Asbest in Deutschland verbaut wurde. Außerdem ist die Qualifikation der Beschäftigten zum Schutz vor Asbest unzureichend. Auch bei der Praxis zur Anerkennung als Berufskrankheit muss sich etwas ändern. Für die Betroffenen sind die Verfahren, insbesondere hinsichtlich der Begutachtungen, häufig nicht transparent. Es muss dafür gesorgt werden, dass die Betroffenen stärker eingebunden werden und Gutachter müssen mit der gebotenen Objektivität an die Beurteilung herangehen. Es wird Zeit, dass die Probleme bei der Anerkennung von Berufskrankheiten und das Leid der Betroffenen endlich zum Gegenstand einer öffentlichen Debatte werden.
Das Recht auf gute Arbeit, die existenzsichernd und menschenwürdig ist und in der die Gesundheit der Beschäftigten erhalten und geschützt wird, ist ein Menschenrecht. Deshalb sind Beschäftigte vor gefährlichen asbesthaltigen und mineralischen Fasern schützen! Aus unserer Sicht brauchen wir die Registrierung aller Asbestquellen, die Entwicklung von Sanierungs-programmen; eine verstärkte Qualifizierung, die Vereinfachte Anerkennung und Entschädigung Asbestbedingter Krankheiten sowie eine starke Unterstützung der Betroffenen.
Insbesondere fordern wir:

  1. Landesweite bzw. bundesweite Aufklärungskampagnen, um die Arbeitnehmer/innen und die Bevölkerung auf die noch immer bestehenden Gefahren durch Asbest hinzuweisen.
  2. Schaffung von rechtlichen Grundlagen für eine flächendeckende Registrierung (Kataster) des bestehenden Asbestbestands. Nicht nur die öffentlichen Gebäude, auch die Gebäude der Privateigentümer müssen erfasst werden.
  3. Verpflichtung der Arbeitgeber zur verstärkten Qualifizierung, Schulung und Unterweisung der Beschäftigten, die mit Asbest in Verbindung kommen bzw. kommen können. Dies gilt auch für prekär Beschäftigte (Zeit-/Leiharbeitsbeschäftigte oder Beschäftigte per Werkvertrag).
  4. Das System der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen zur Früherkennung und frühzeitigen Therapie muss aufrechterhalten werden, d.h. auch keine Streichung der Untersuchungsanlässe in der ArbMedVV
  5. Erleichterung des Beweisverfahrens im Berufskrankheitenrecht. Die Beweislast ist nicht den Asbestopfern aufzuerlegen, sondern weiter gehende Rechte zur Geltendmachung von Entschädigungsleistungen sind zu begründen.
  6. Berufskrankheitenverfahren auf Grundlage des aktuellen Stands der medizinischen Forschung mit der Sicherung von unabhängiger Begutachtung und Expositionsermittlung. Auch auf Bundes- und EU-Ebene ist dafür zu sorgen, dass alle asbestbedingten Krankheiten, einschließlich Pleuraplaques, als Berufskrankheit anerkannt werden.
  7. Finanzielle Förderung von unabhängigen Beratungsangeboten.
  8. Kritische Überprüfung des gegenwärtigen berufsgenossenschaftlichen Berufskrankheitsverfahrens.
  9. Ein schnelleres Handeln des Verordnungsgebers, der für die Aufnahme weiterer Erkrankungen in die Berufskrankheitenliste verantwortlich ist, ist notwendig. Aktuelle Erkenntnisse über arbeitsbedingte Erkrankungen müssen schneller als bisher darauf-hin überprüft werden, ob sie durch die Liste abgedeckt sind oder ob es einer Änderung oder Ergänzung bedarf.
  10. Der Bundesverband der Asbestose Selbsthilfegruppen e.V. fordert von der Bundesregierung, zur Stärkung der Asbestopferorganisation, finanzielle Unterstützung für eine nationale Anlaufstelle der Asbestopfer in Deutschland.
    Dafür muss sich auch die Landesebene einsetzen.
  11. Warum erlangen nur ca.20% aller Antragssteller der an „Lungenkrebs durch Asbest“,(BK4104) Erkrankten, eine Anerkennung als Berufskrankheit?(ca.80 % werden abgelehnt) Hier muss eine Ursachenermittlung erfolgen. Diese hohen Ablehnungszahlen können nicht akzeptiert werden!
  12. Die Landesgewerbeärzte müssen gestärkt werden und die Ärztestellen der in Ruhestand getretenen Ärzte müssen wieder besetzt werden. Darüber hinaus sind unabhängige staatliche Beratungsstellen erforderlich, da sie eine große Hilfe für die Betroffenen darstellen.
  13. Das Berechnungsverfahren, „Minderung der Erwerbsfähigkeit“ (MdE), muss nachprüfbar gestaltet werden. Es gibt keine wissenschaftlichen Kriterien und keine unabhängigen Kontrollen.
  14. Die Anerkennung- und Ablehnungsquoten der Gutachter müssen offengelegt werden. Hier könnten die Gutachter mit besonders hohen Ablehnungsquoten erkannt werden.

Unsere Forderungen beziehen sich auch auf weitere gefährliche mineralische Fasern.

Empfehlung der Antragskommission:
Annahme
Beschluss: Annahme und Überweisung an die Bundestagsfraktion
Text des Beschlusses:

In den 1950er- und 1960er-Jahren war Asbest ein beliebter und günstiger Baustoff. Die damit verbundenen Gesundheitsgefahren wurden allgemein unterschätzt. Die Folge: viele schwere Erkrankungen und Todesfälle (Asbestose, Lungenkrebs). Bereits seit 1979 ist Spritzasbest in Westdeutschland verboten. Es dauerte allerdings bis 1993, ehe ein bundesweites Herstellungs- und Verwendungsverbot durchgesetzt wurde. Seit 1999 gilt in der EU ein Asbestverbot.
Trotz des umfassenden Asbest-Verbots sterben in Deutschland jährlich etwa 1 500 Menschen an den Folgen dieses gefährlichen Werkstoffes. Jedes Jahr werden alleine in Deutschland nahezu 9.500 neue Verdachtsfälle angezeigt. Bis zum Verbot wurde der Werkstoff aufgrund seiner vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten in mehr als 3.500 verschiedenen Produkten eingesetzt. Aktuell sind noch immer mehr als 35 Millionen Tonnen asbesthaltiges Material verbaut. Asbest wurde Baustoffen wie Putzen, Klebern und Spachtel- und Dichtungsmassen zugemischt, was in der Praxis vielfach noch unbekannt ist. Vor allem bei Instandhaltungs-, Sanierungs- und Abbrucharbeiten von Gebäuden, bei Maschinen und Anlagen, in Zügen oder Schiffen können diese Asbestfasern, die zu schweren (tödlichen) Erkrankungen führen können, freigesetzt werden. Allein in Deutschland hatten Ende 2012 noch rund 90.000 Beschäftigte Kontakt mit Asbestprodukten. Neu ist, dass in Maschinen und Aggregaten aus Fernost (z.B. China) heute wieder Asbest zum Teil verbaut ist. Zusätzlich treten diese Gefahren auch bei mineralischen Fasern, die vor 1995 verbaut wurden, auf.
Besonders betroffen von den Gesundheitsbelastungen durch krebserregende Stoffe/Stäube sind prekär Beschäftigte (Zeit-/Leiharbeitsbeschäftigte oder Beschäftigte per Werkvertrag) im Bereich Sanierung/Wartung. Problematisch sind dabei vor allem illegale Arbeiten, ob unbewusst, ahnungslos oder bewusst kriminell. Auch wenn Asbest nicht mehr eingesetzt werden darf, kann er im Zuge von Arbeiten an asbestbelasteten Bauteilen freigesetzt werden und ist damit weiterhin eine Gefahr für alle Beteiligten. Erschwerend kommt hinzu, dass bislang noch keine detaillierten Angaben zur Verbreitung von Asbest in Bauprodukten vorliegen. Es besteht weiterer Aufklärungsbedarf, wann, wo und in welchem Ausmaß Asbest in Deutschland verbaut wurde. Außerdem ist die Qualifikation der Beschäftigten zum Schutz vor Asbest unzureichend. Auch bei der Praxis zur Anerkennung als Berufskrankheit muss sich etwas ändern. Für die Betroffenen sind die Verfahren, insbesondere hinsichtlich der Begutachtungen, häufig nicht transparent. Es muss dafür gesorgt werden, dass die Betroffenen stärker eingebunden werden und Gutachter müssen mit der gebotenen Objektivität an die Beurteilung herangehen. Es wird Zeit, dass die Probleme bei der Anerkennung von Berufskrankheiten und das Leid der Betroffenen endlich zum Gegenstand einer öffentlichen Debatte werden.
Das Recht auf gute Arbeit, die existenzsichernd und menschenwürdig ist und in der die Gesundheit der Beschäftigten erhalten und geschützt wird, ist ein Menschenrecht. Deshalb sind Beschäftigte vor gefährlichen asbesthaltigen und mineralischen Fasern schützen! Aus unserer Sicht brauchen wir die Registrierung aller Asbestquellen, die Entwicklung von Sanierungs-programmen; eine verstärkte Qualifizierung, die Vereinfachte Anerkennung und Entschädigung Asbestbedingter Krankheiten sowie eine starke Unterstützung der Betroffenen.
Insbesondere fordern wir:

  1. Landesweite bzw. bundesweite Aufklärungskampagnen, um die Arbeitnehmer/innen und die Bevölkerung auf die noch immer bestehenden Gefahren durch Asbest hinzuweisen.
  2. Schaffung von rechtlichen Grundlagen für eine flächendeckende Registrierung (Kataster) des bestehenden Asbestbestands. Nicht nur die öffentlichen Gebäude, auch die Gebäude der Privateigentümer müssen erfasst werden.
  3. Verpflichtung der Arbeitgeber zur verstärkten Qualifizierung, Schulung und Unterweisung der Beschäftigten, die mit Asbest in Verbindung kommen bzw. kommen können. Dies gilt auch für prekär Beschäftigte (Zeit-/Leiharbeitsbeschäftigte oder Beschäftigte per Werkvertrag).
  4. Das System der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen zur Früherkennung und frühzeitigen Therapie muss aufrechterhalten werden, d.h. auch keine Streichung der Untersuchungsanlässe in der ArbMedVV
  5. Erleichterung des Beweisverfahrens im Berufskrankheitenrecht. Die Beweislast ist nicht den Asbestopfern aufzuerlegen, sondern weiter gehende Rechte zur Geltendmachung von Entschädigungsleistungen sind zu begründen.
  6. Berufskrankheitenverfahren auf Grundlage des aktuellen Stands der medizinischen Forschung mit der Sicherung von unabhängiger Begutachtung und Expositionsermittlung. Auch auf Bundes- und EU-Ebene ist dafür zu sorgen, dass alle asbestbedingten Krankheiten, einschließlich Pleuraplaques, als Berufskrankheit anerkannt werden.
  7. Finanzielle Förderung von unabhängigen Beratungsangeboten.
  8. Kritische Überprüfung des gegenwärtigen berufsgenossenschaftlichen Berufskrankheitsverfahrens.
  9. Ein schnelleres Handeln des Verordnungsgebers, der für die Aufnahme weiterer Erkrankungen in die Berufskrankheitenliste verantwortlich ist, ist notwendig. Aktuelle Erkenntnisse über arbeitsbedingte Erkrankungen müssen schneller als bisher darauf-hin überprüft werden, ob sie durch die Liste abgedeckt sind oder ob es einer Änderung oder Ergänzung bedarf.
  10. Der Bundesverband der Asbestose Selbsthilfegruppen e.V. fordert von der Bundesregierung, zur Stärkung der Asbestopferorganisation, finanzielle Unterstützung für eine nationale Anlaufstelle der Asbestopfer in Deutschland.
    Dafür muss sich auch die Landesebene einsetzen.
  11. Warum erlangen nur ca.20% aller Antragssteller der an „Lungenkrebs durch Asbest“,(BK4104) Erkrankten, eine Anerkennung als Berufskrankheit?(ca.80 % werden abgelehnt) Hier muss eine Ursachenermittlung erfolgen. Diese hohen Ablehnungszahlen können nicht akzeptiert werden!
  12. Die Landesgewerbeärzte müssen gestärkt werden und die Ärztestellen der in Ruhestand getretenen Ärzte müssen wieder besetzt werden. Darüber hinaus sind unabhängige staatliche Beratungsstellen erforderlich, da sie eine große Hilfe für die Betroffenen darstellen.
  13. Das Berechnungsverfahren, „Minderung der Erwerbsfähigkeit“ (MdE), muss nachprüfbar gestaltet werden. Es gibt keine wissenschaftlichen Kriterien und keine unabhängigen Kontrollen.
  14. Die Anerkennung- und Ablehnungsquoten der Gutachter müssen offengelegt werden. Hier könnten die Gutachter mit besonders hohen Ablehnungsquoten erkannt werden.

Unsere Forderungen beziehen sich auch auf weitere gefährliche mineralische Fasern.

Beschluss-PDF: