2023/A/1 Berufsausbildung 4.0 flächendeckend einführen und neue Standards setzen!

Status:
Überweisung

Junge Menschen sind die Zukunft unserer Betriebe. Daher legt die Ausbildung dieser, das Fundament für den Erfolg der Unternehmen. Um den Herausforderungen der Zukunft durch Fachkräftemangel, Digitalisierung und einer immer steigenden Komplexität im Betrieb gerecht zu werden, muss eine qualitativ hochwertige Ausbildung gewährleistet werden. Nur so können sich Auszubildende entwickeln, ihre Ausbildung erfolgreich abschließen und sich anschließend im Betrieb mit ihrem Fachwissen den wachsenden Anforderungen entsprechend einbringen.
Daher fordern wir die SPD Rheinland-Pfalz auf Landes- und die SPD insgesamt auf Länder- und Bundesebene in all ihren Fraktionen dazu auf, sich für eine Verbesserung der betrieblichen Ausbildung in Form einer Dualen Berufsausbildung in folgenden Punkten einzusetzen:

Ausbildungspersonal stärken:
Gute Qualität in der Ausbildung benötigt gut qualifiziertes Ausbildungspersonal.
Dieses muss gestärkt werden: Zum einen durch regelmäßige Weiterbildung, durch Verbesserung der Ausbildung der Ausbilder:innen, zum anderen durch gute Arbeitsbedingungen für das Ausbildungspersonal.

Zeit für Ausbildung und Betreuung:
Zu einer guten Ausbildung gehört auch, dass es ausreichend Ausbildungspersonal für eine angemessene Anzahl von Auszubildenden gibt. Die Anzahl kann, je nach Betreuungsaufwand, variieren. Als sinnvollen Standard sehen wir einen Betreuungsschlüssel von 1:8 an. In fast allen Betrieben wird die Vermittlung von Ausbildungsinhalten auch von ausbildenden Fachkräften bzw. Ausbildungsbeauftragten ausgeführt. Sie übernehmen einen nicht unerheblichen Teil der Ausbildung und sind ebenfalls entscheidend für die Qualität der Ausbildung. Im Sinne der Sicherung einer guten Ausbildungsqualität, ist die Rolle der ausbildenden Fachkräfte in den Betrieben zu stärken. Sie müssen die berufliche und fachpädagogische Eignung (AEVO) nachweisen. Dies soll für alle Personen gelten, die eine betriebliche Ausbildungsstation betreuen und somit Teil des betrieblichen Ausbildungsplans sind. Notwendig ist die Förderung einer engen Kooperation aller Ausbildungsakteure im Betrieb. Für eine adäquate Anleitung der Auszubildenden soll den ausbildenden Fachkräften ein monatliches zeitliches Kontingent zur Verfügung stehen.

Aufwertung der Ausbildereignungsverordnung (AEVO):
Das Ausbildungspersonal leistet einen sehr guten und wichtigen Beitrag zum Wert der dualen Ausbildung. Im heutigen Zeitalter wandeln sich Gesellschaft und Arbeitswelt in einem sehr hohen Tempo, deshalb ist es für das Ausbildungspersonal nicht immer einfach am Zahn der Zeit zu bleiben, um nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft und Technik Ausbilden zu können. Viele Ausbilder:innen haben ihre Ausbildereignungsprüfung nach
AEVO vor vielen Jahren gemacht, sind aber durch die eng getakteten betrieblichen Aufgaben zeitlich nicht in der Lage ihr Wissen aufzufrischen.
Die Herausforderungen einer zunehmenden Heterogenität in der Zusammensetzung der Auszubildenden sowie veränderte Arbeits- und Geschäftsprozesse legen nahe, dass die grundlegende Qualifizierung des betrieblichen Ausbildungspersonals, die AEVO, nicht mehr die Realität in den Betrieben entspricht. Die AEVO muss daher besser aufgeschlüsselt und konkreter definiert werden. Hierzu gehört auch die Vermittlung von sozialer Kompetenz (Umgang mit Diskriminierung, Mobbing, etc.). Zudem fehlt es an einer Sensibilisierung für Diskriminierungsthematiken und einer Diversity-Sensibilität. Gerade Frauen und Menschen der LGBTQIA+ Community erfahren oftmals Sexismus und Diskriminierung in Betrieb und Berufsschule und brauchen dadurch Unterstützung durch die Ausbilder:innen. Es fehlt aber an einer Sensibilisierung für geschlechtergerechte Ausbildung. Zudem soll eine solidarische Grundhaltung in der Ausbildung vermittelt werden. Ebenso müssen Ausbilder:innen dazu befähigt werden, Rassismus zu erkennen und entscheiden entgegen zu treten. Dazu müssen entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen für Ausbilder:innen angeboten werden.
Aus unserer Sicht sind eine Modernisierung und Aufwertung der Ausbildereignungsverordnung (AEVO) notwendig. Die AEVO soll für alle Ausbildungsbetriebe verbindlich werden und somit auch eine ständige Weiterbildung des Ausbildungspersonals ermöglichen. Um die persönliche Eignung des Ausbildungspersonals zu stärken, sollen Anforderungen an methodisch-didaktische, arbeitspädagogische und soziale Kompetenzen in der AEVO ergänzt werden. Die Eignung des Ausbildungspersonals soll zudem regelmäßig erneuert werden. Insbesondere einer Aktualisierung arbeitspädagogischer Fähigkeiten soll geprüft werden. Ohne einen Nachweis für entsprechende Eignung »verfällt« der Ausbilder:innenschein, wenn die mangelhaften Kompetenzen nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten mit Weiterbildungsmaßnahmen ausgeglichen werden.

Die Inhalte der AEVO sollen um folgende Punkte erweitert werden:

• Vermittlung der Perspektive des Auszubildenden

• Sensibilisierung für Diskriminierung

• Diversity-Sensibilität

• Sensibilisierung auf geschlechtergerechte Ausbildung

• Individuelle Förderung der Auszubildenden unter Berücksichtigung der Heterogenität

• Unterstützungsmöglichkeiten wie AsA plus kennen und nutzen

• Übergangsmanagement Ausbildung zum Beruf

• Vermittlung einer solidarischen Grundhaltung

Wir fordern:

• Einen Betreuungsschlüssel von 1:8 für hauptberufliches Ausbildungspersonal

• Verpflichtende Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen für hauptberufliches Ausbildungspersonal

• Ein gesetzliches Recht auf Weiterbildung für Ausbildungspersonal (dieser Anspruch muss unabhängig vom Bildungsurlaubsanspruch gelten und für die ausbildenden Betriebe kostenneutral sein)

• Das Erfordernis einer Ausbildereignung (AEVO) für ausbildende Fachkräfte

• Eine der AEVO-entsprechende Bestimmung für das betriebliche Ausbildungspersonal in vollzeitschulischen Berufen

• Zeitkontingent und finanzielle Wertschätzung für ausbildende Fachkräfte, da Ausbildungsleistung nicht als kostenlose Selbstverständlichkeit gelten darf

• Regelmäßige bezahlte Fortbildungsmöglichkeiten für ausbildende Fachkräfte

Entwicklung moderner Berufsbilder

In der Debatte rund um Ausbildung 4.0 und Digitalisierung muss die Neuordnung der Ausbildungsberufe eine entscheidende Rolle spielen. Voraussetzung für zukunfsgewappnete dual und vollzeitschulische Berufsbilder ist die Vermittlung von zusätzlichen digitalen Kompetenzen. So kann eine Ausbildung 4.0 den Anforderungen der Transformation und Digitalisierung gerecht werden. Grundlage dafür ist, dass die bestehenden Ausbildungsordnungen und Ausbildungsrahmenpläne überprüft und wo nötig angepasst werden.

Wir fordern:
Bestehende Ausbildungsberufe und Berufsbilder sollen unter den Anforderungen der Transformation und Digitalisierung überprüft und novelliert werden, einschließlich vollzeitschulischer Berufe.

Ehrenamtliche Prüfer:innen stärken:
Das Prüfungswesen in der Berufsbildung hat eine herausragende Bedeutung.
Basierend auf der bundesweiten Einheitlichkeit von Prüfungen und der paritätisch sozialpartner-schaftlichen Besetzung der Prüfungsausschüsse mit Arbeitgeber:innen, Arbeitnehmer:innen und Berufsschullehrkräften hat sich dieses Prüfungswesen bewährt. In diesen unabhängigen Prüfungsausschüssen wird die berufliche Handlungskompetenz geprüft und festgestellt. Dies wird durch die Tätigkeit ehrenamtlicher Prüfer:innen gewährleistet. Damit stehen ehrenamtliche Prüfer:innen an einer entscheidenden Schnittstelle der Qualitätssicherung in der Berufsbildung. Im Rahmen der Digitalisierung ist von einer zunehmenden Komplexität der Berufsausbildung auszugehen, die sich auch auf die Prüfung und die Prüfungsorganisation auswirkt. Neue Lern- und Lehrinhalte müssen abgeprüft, neue Prüfungen entwickelt und ein hoher Qualitätsstandard gesichert werden. Daraus ergibt sich ein kontinuierlicher Qualifizierungsbedarf bei Prüfer:innen. Neben der Vermittlung komplexerer Prüfungsanforderungen und einem erhöhten Zeitaufwand werden auch begleitende Betreuungsaktivitäten für das Prüfer:innenehrenamt nötig. Wir brauchen daher eine Stärkung des Ehrenamtes im Prüfungswesen. Notwendig sind klare Regelungen zur bezahlten Freistellung für die Prüfer:innen-Tätigkeit sowie ein bezahlter Weiterbildungsanspruch. Die aktuellen Regelungen des Berufsbildungsgesetzes sind hier zu ungenau und nicht weitführend genug. Notwendig ist eine Kopplung der bezahlten Freistellung an den geltenden Tariflohn und verpflichtende Weiterbildung und Schulung der Prüfer:innen.

Wir fordern:

• Die Stärkung des Ehrenamtes im Prüfungswesen. Notwendig ist eine Klarstellung im Gesetz, dass die Freistellung für ehrenamtliche Prüfer:innen bezahlt erfolgt. Darüber hinaus muss das Gesetz um einen bezahlten Weiterbildungsanspruch ergänzt werden.

Gute und moderne Lern- und Arbeitsbedingungen an beruflichen Schulen:

An beruflichen Schulen herrscht ein enormer Modernisierungsstau. Umfangreiche Investitionen in die Gebäudesanierung, -neubau und -ausstattung sind dringend erforderlich.
Lehr- und Lernmitteln müssen auf den neusten technischen Stand gebracht werden, um mit den betrieblichen Entwicklungen Schritt halten zu können. Häufig entsprechen die Lehr- und Lernmittel in den Berufsbildenden- und Hochschulen nicht den heutigen Anforderungen.
Hierzu bedarf es also an den beruflichen Schulen massive Investitionen in die Ausstattung der digitalen Infrastruktur, um neue Ausbildungsinhalte abbilden zu können. Der Einsatz digitaler Medien und Technologien im Kontext von Lernen und Unterricht ist zum Teil mit erheblichen technischen und zeitlichen Belastungen verbunden. Zum Beispiel durch Ausstattungs- und Wartungsprobleme, die Einarbeitung in neue Unterrichtstechnologien (z.B. Tablets, Kommunikations- und Lernplattformen, Social Media, Whiteboards), das Erschließen von digitalen Bildungsmedien (z.B. Digitale Schulbücher, »Open Educational Resources«), dem Ausbau der Infrastruktur oder auch die Verlagerung von Verantwortlichkeiten im Zuge der digitalen Dokumentation von schulischen Leistungen (z.B. Leistungsbewertung, Tests, Vergleichsarbeiten).
Aus diesen Gründen ist eine erhebliche Verbesserung der personellen Ausstattung an beruflichen Schulen notwendig, um die Beschäftigten zu entlasten und eine Arbeitsteilung zu ermöglichen. Fachrlehrer:innen sollen die Fachvermittlung- und Betreuung übernehmen. Die soziale Betreuung soll von Sozialpädagog:innen gewährleistet werden und Informatiker:innen und Medienfachkräfte sollen für die technische Betreuung und Hilfestellung für Lehrkräfte und Auszubildende zur Verfügung stehen.
Die Berufe des an beruflichen Schulen beschäftigten Personals müssen zudem aufgewertet werden. Wir fordern mehr Sicherheit, gleiche Vergütung für gleiche Arbeit, den Abbau von Befristungen sowie prekärer Arbeitsverhältnisse an beruflichen Schulen. Dies gilt auch für das pädagogische Personal sowie für Sprachlehrer:innen die an beruflichen Schulen eingesetzt werden.
Zur Verbesserung der personellen Situation ist der Quereinstieg von Berufsschullehrer:innen zu stärken. Die Finanzierung der Berufsschulen muss endlich verbessert werden. Es ist Aufgabe des Bundes und der Länder den enormen Finanzierungsstau abzubauen und dringende Investitionen zu tätigen. Es ist unabdingbar, dass weiterhin in Bildung und damit Zukunft investiert wird.
Dies muss planbar und gezielt geschehen.

Wir fordern:

• Mehr Sicherheit für Lehrkräfte, gleiche Vergütung für gleiche Arbeit, den Abbau von Befristungen sowie prekärer Arbeitsverhältnisse an beruflichen Schulen

• Qualifizierungsangebote für Lehrpersonal an beruflichen Schulen und Hochschulen um Ausbildung auf den aktuellen technischen und wissenschaftlichen Stand zu bekommen

• Erhebliche Verbesserung der personellen Ausstattung an beruflichen Schulen und multiprofessionelle Teams, auch um die inklusive Berufsbildung zu unterstützen

• Eine absolute und unmittelbare Lehr- und Lehrmittelfreiheit für dual und vollzeitschulische Auszubildende

• Verbesserung der sachlichen Ausstattung einschließlich der Bereitstellung und Wartung von Arbeitsmitteln wie Endgeräte für Lehrkräfte, Bereitstellung eines (digitalen) Arbeitsplatzes in der Schule oder zu Hause gemäß Arbeitsstättenverordnung

Wenn Berufsschule, dann Berufsschule:
Das Berufsbildungsgesetz hat die Anrechnung der Berufsschulzeit auf die Ausbildungszeit nur ungenügend geregelt. Aktuell besagt das Gesetz, dass nur ein einziger Berufsschultag ab einer bestimmten Stundezahl angerechnet werden kann, sofern es sich nicht um Blockunterricht handelt. Das ist zu wenig. Dadurch werden Auszubildende mit zwei oder mehr Berufsschultagen benachteiligt. Von ihnen kann an diesen Tagen verlangt werden, nach der Berufsschule wieder in den Betrieb zurückzukehren.

Wir fordern:

Eine Änderung des Berufsbildungsgesetzes dahingehend, dass grundsätzlich an einem Berufsschul- oder Hochschultag, unabhängig von der Länge der Unterrichtszeit und der Entfernung der Berufs- oder Hochschule zum Betrieb, keine Rückkehr in den Betrieb vorgeschrieben werden kann. Zur Unterrichtszeit in der Berufsschule muss auch immer Lernzeit im Distanz- und digitalen Unterricht zählen.

Empfänger:innen: SPD-Landesvorstand, SPD-Landtagsfraktionen, SPD-Parteivorstand, SPD-Bundesparteitag, SPD-Bundestagsfraktion, SPD-Mitglieder der Bundesregierung

Empfehlung der Antragskommission:
Überweisen an: Bundesparteitag, Bundestagsfraktion
Beschluss: Überweisung an den Bundesparteitag und die Bundestagsfraktion
Text des Beschlusses:

Junge Menschen sind die Zukunft unserer Betriebe. Daher legt die Ausbildung dieser, das Fundament für den Erfolg der Unternehmen. Um den Herausforderungen der Zukunft durch Fachkräftemangel, Digitalisierung und einer immer steigenden Komplexität im Betrieb gerecht zu werden, muss eine qualitativ hochwertige Ausbildung gewährleistet werden. Nur so können sich Auszubildende entwickeln, ihre Ausbildung erfolgreich abschließen und sich anschließend im Betrieb mit ihrem Fachwissen den wachsenden Anforderungen entsprechend einbringen.
Daher fordern wir die SPD Rheinland-Pfalz auf Landes- und die SPD insgesamt auf Länder- und Bundesebene in all ihren Fraktionen dazu auf, sich für eine Verbesserung der betrieblichen Ausbildung in Form einer Dualen Berufsausbildung in folgenden Punkten einzusetzen:

Ausbildungspersonal stärken:
Gute Qualität in der Ausbildung benötigt gut qualifiziertes Ausbildungspersonal.
Dieses muss gestärkt werden: Zum einen durch regelmäßige Weiterbildung, durch Verbesserung der Ausbildung der Ausbilder:innen, zum anderen durch gute Arbeitsbedingungen für das Ausbildungspersonal.

Zeit für Ausbildung und Betreuung:
Zu einer guten Ausbildung gehört auch, dass es ausreichend Ausbildungspersonal für eine angemessene Anzahl von Auszubildenden gibt. Die Anzahl kann, je nach Betreuungsaufwand, variieren. Als sinnvollen Standard sehen wir einen Betreuungsschlüssel von 1:8 an. In fast allen Betrieben wird die Vermittlung von Ausbildungsinhalten auch von ausbildenden Fachkräften bzw. Ausbildungsbeauftragten ausgeführt. Sie übernehmen einen nicht unerheblichen Teil der Ausbildung und sind ebenfalls entscheidend für die Qualität der Ausbildung. Im Sinne der Sicherung einer guten Ausbildungsqualität, ist die Rolle der ausbildenden Fachkräfte in den Betrieben zu stärken. Sie müssen die berufliche und fachpädagogische Eignung (AEVO) nachweisen. Dies soll für alle Personen gelten, die eine betriebliche Ausbildungsstation betreuen und somit Teil des betrieblichen Ausbildungsplans sind. Notwendig ist die Förderung einer engen Kooperation aller Ausbildungsakteure im Betrieb. Für eine adäquate Anleitung der Auszubildenden soll den ausbildenden Fachkräften ein monatliches zeitliches Kontingent zur Verfügung stehen.

Aufwertung der Ausbildereignungsverordnung (AEVO):
Das Ausbildungspersonal leistet einen sehr guten und wichtigen Beitrag zum Wert der dualen Ausbildung. Im heutigen Zeitalter wandeln sich Gesellschaft und Arbeitswelt in einem sehr hohen Tempo, deshalb ist es für das Ausbildungspersonal nicht immer einfach am Zahn der Zeit zu bleiben, um nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft und Technik Ausbilden zu können. Viele Ausbilder:innen haben ihre Ausbildereignungsprüfung nach
AEVO vor vielen Jahren gemacht, sind aber durch die eng getakteten betrieblichen Aufgaben zeitlich nicht in der Lage ihr Wissen aufzufrischen.
Die Herausforderungen einer zunehmenden Heterogenität in der Zusammensetzung der Auszubildenden sowie veränderte Arbeits- und Geschäftsprozesse legen nahe, dass die grundlegende Qualifizierung des betrieblichen Ausbildungspersonals, die AEVO, nicht mehr die Realität in den Betrieben entspricht. Die AEVO muss daher besser aufgeschlüsselt und konkreter definiert werden. Hierzu gehört auch die Vermittlung von sozialer Kompetenz (Umgang mit Diskriminierung, Mobbing, etc.). Zudem fehlt es an einer Sensibilisierung für Diskriminierungsthematiken und einer Diversity-Sensibilität. Gerade Frauen und Menschen der LGBTQIA+ Community erfahren oftmals Sexismus und Diskriminierung in Betrieb und Berufsschule und brauchen dadurch Unterstützung durch die Ausbilder:innen. Es fehlt aber an einer Sensibilisierung für geschlechtergerechte Ausbildung. Zudem soll eine solidarische Grundhaltung in der Ausbildung vermittelt werden. Ebenso müssen Ausbilder:innen dazu befähigt werden, Rassismus zu erkennen und entscheiden entgegen zu treten. Dazu müssen entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen für Ausbilder:innen angeboten werden.
Aus unserer Sicht sind eine Modernisierung und Aufwertung der Ausbildereignungsverordnung (AEVO) notwendig. Die AEVO soll für alle Ausbildungsbetriebe verbindlich werden und somit auch eine ständige Weiterbildung des Ausbildungspersonals ermöglichen. Um die persönliche Eignung des Ausbildungspersonals zu stärken, sollen Anforderungen an methodisch-didaktische, arbeitspädagogische und soziale Kompetenzen in der AEVO ergänzt werden. Die Eignung des Ausbildungspersonals soll zudem regelmäßig erneuert werden. Insbesondere einer Aktualisierung arbeitspädagogischer Fähigkeiten soll geprüft werden. Ohne einen Nachweis für entsprechende Eignung »verfällt« der Ausbilder:innenschein, wenn die mangelhaften Kompetenzen nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten mit Weiterbildungsmaßnahmen ausgeglichen werden.

Die Inhalte der AEVO sollen um folgende Punkte erweitert werden:

• Vermittlung der Perspektive des Auszubildenden

• Sensibilisierung für Diskriminierung

• Diversity-Sensibilität

• Sensibilisierung auf geschlechtergerechte Ausbildung

• Individuelle Förderung der Auszubildenden unter Berücksichtigung der Heterogenität

• Unterstützungsmöglichkeiten wie AsA plus kennen und nutzen

• Übergangsmanagement Ausbildung zum Beruf

• Vermittlung einer solidarischen Grundhaltung

Wir fordern:

• Einen Betreuungsschlüssel von 1:8 für hauptberufliches Ausbildungspersonal

• Verpflichtende Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen für hauptberufliches Ausbildungspersonal

• Ein gesetzliches Recht auf Weiterbildung für Ausbildungspersonal (dieser Anspruch muss unabhängig vom Bildungsurlaubsanspruch gelten und für die ausbildenden Betriebe kostenneutral sein)

• Das Erfordernis einer Ausbildereignung (AEVO) für ausbildende Fachkräfte

• Eine der AEVO-entsprechende Bestimmung für das betriebliche Ausbildungspersonal in vollzeitschulischen Berufen

• Zeitkontingent und finanzielle Wertschätzung für ausbildende Fachkräfte, da Ausbildungsleistung nicht als kostenlose Selbstverständlichkeit gelten darf

• Regelmäßige bezahlte Fortbildungsmöglichkeiten für ausbildende Fachkräfte

Entwicklung moderner Berufsbilder

In der Debatte rund um Ausbildung 4.0 und Digitalisierung muss die Neuordnung der Ausbildungsberufe eine entscheidende Rolle spielen. Voraussetzung für zukunfsgewappnete dual und vollzeitschulische Berufsbilder ist die Vermittlung von zusätzlichen digitalen Kompetenzen. So kann eine Ausbildung 4.0 den Anforderungen der Transformation und Digitalisierung gerecht werden. Grundlage dafür ist, dass die bestehenden Ausbildungsordnungen und Ausbildungsrahmenpläne überprüft und wo nötig angepasst werden.

Wir fordern:
Bestehende Ausbildungsberufe und Berufsbilder sollen unter den Anforderungen der Transformation und Digitalisierung überprüft und novelliert werden, einschließlich vollzeitschulischer Berufe.

Ehrenamtliche Prüfer:innen stärken:
Das Prüfungswesen in der Berufsbildung hat eine herausragende Bedeutung.
Basierend auf der bundesweiten Einheitlichkeit von Prüfungen und der paritätisch sozialpartner-schaftlichen Besetzung der Prüfungsausschüsse mit Arbeitgeber:innen, Arbeitnehmer:innen und Berufsschullehrkräften hat sich dieses Prüfungswesen bewährt. In diesen unabhängigen Prüfungsausschüssen wird die berufliche Handlungskompetenz geprüft und festgestellt. Dies wird durch die Tätigkeit ehrenamtlicher Prüfer:innen gewährleistet. Damit stehen ehrenamtliche Prüfer:innen an einer entscheidenden Schnittstelle der Qualitätssicherung in der Berufsbildung. Im Rahmen der Digitalisierung ist von einer zunehmenden Komplexität der Berufsausbildung auszugehen, die sich auch auf die Prüfung und die Prüfungsorganisation auswirkt. Neue Lern- und Lehrinhalte müssen abgeprüft, neue Prüfungen entwickelt und ein hoher Qualitätsstandard gesichert werden. Daraus ergibt sich ein kontinuierlicher Qualifizierungsbedarf bei Prüfer:innen. Neben der Vermittlung komplexerer Prüfungsanforderungen und einem erhöhten Zeitaufwand werden auch begleitende Betreuungsaktivitäten für das Prüfer:innenehrenamt nötig. Wir brauchen daher eine Stärkung des Ehrenamtes im Prüfungswesen. Notwendig sind klare Regelungen zur bezahlten Freistellung für die Prüfer:innen-Tätigkeit sowie ein bezahlter Weiterbildungsanspruch. Die aktuellen Regelungen des Berufsbildungsgesetzes sind hier zu ungenau und nicht weitführend genug. Notwendig ist eine Kopplung der bezahlten Freistellung an den geltenden Tariflohn und verpflichtende Weiterbildung und Schulung der Prüfer:innen.

Wir fordern:

• Die Stärkung des Ehrenamtes im Prüfungswesen. Notwendig ist eine Klarstellung im Gesetz, dass die Freistellung für ehrenamtliche Prüfer:innen bezahlt erfolgt. Darüber hinaus muss das Gesetz um einen bezahlten Weiterbildungsanspruch ergänzt werden.

Gute und moderne Lern- und Arbeitsbedingungen an beruflichen Schulen:

An beruflichen Schulen herrscht ein enormer Modernisierungsstau. Umfangreiche Investitionen in die Gebäudesanierung, -neubau und -ausstattung sind dringend erforderlich.
Lehr- und Lernmitteln müssen auf den neusten technischen Stand gebracht werden, um mit den betrieblichen Entwicklungen Schritt halten zu können. Häufig entsprechen die Lehr- und Lernmittel in den Berufsbildenden- und Hochschulen nicht den heutigen Anforderungen.
Hierzu bedarf es also an den beruflichen Schulen massive Investitionen in die Ausstattung der digitalen Infrastruktur, um neue Ausbildungsinhalte abbilden zu können. Der Einsatz digitaler Medien und Technologien im Kontext von Lernen und Unterricht ist zum Teil mit erheblichen technischen und zeitlichen Belastungen verbunden. Zum Beispiel durch Ausstattungs- und Wartungsprobleme, die Einarbeitung in neue Unterrichtstechnologien (z.B. Tablets, Kommunikations- und Lernplattformen, Social Media, Whiteboards), das Erschließen von digitalen Bildungsmedien (z.B. Digitale Schulbücher, »Open Educational Resources«), dem Ausbau der Infrastruktur oder auch die Verlagerung von Verantwortlichkeiten im Zuge der digitalen Dokumentation von schulischen Leistungen (z.B. Leistungsbewertung, Tests, Vergleichsarbeiten).
Aus diesen Gründen ist eine erhebliche Verbesserung der personellen Ausstattung an beruflichen Schulen notwendig, um die Beschäftigten zu entlasten und eine Arbeitsteilung zu ermöglichen. Fachrlehrer:innen sollen die Fachvermittlung- und Betreuung übernehmen. Die soziale Betreuung soll von Sozialpädagog:innen gewährleistet werden und Informatiker:innen und Medienfachkräfte sollen für die technische Betreuung und Hilfestellung für Lehrkräfte und Auszubildende zur Verfügung stehen.
Die Berufe des an beruflichen Schulen beschäftigten Personals müssen zudem aufgewertet werden. Wir fordern mehr Sicherheit, gleiche Vergütung für gleiche Arbeit, den Abbau von Befristungen sowie prekärer Arbeitsverhältnisse an beruflichen Schulen. Dies gilt auch für das pädagogische Personal sowie für Sprachlehrer:innen die an beruflichen Schulen eingesetzt werden.
Zur Verbesserung der personellen Situation ist der Quereinstieg von Berufsschullehrer:innen zu stärken. Die Finanzierung der Berufsschulen muss endlich verbessert werden. Es ist Aufgabe des Bundes und der Länder den enormen Finanzierungsstau abzubauen und dringende Investitionen zu tätigen. Es ist unabdingbar, dass weiterhin in Bildung und damit Zukunft investiert wird.
Dies muss planbar und gezielt geschehen.

Wir fordern:

• Mehr Sicherheit für Lehrkräfte, gleiche Vergütung für gleiche Arbeit, den Abbau von Befristungen sowie prekärer Arbeitsverhältnisse an beruflichen Schulen

• Qualifizierungsangebote für Lehrpersonal an beruflichen Schulen und Hochschulen um Ausbildung auf den aktuellen technischen und wissenschaftlichen Stand zu bekommen

• Erhebliche Verbesserung der personellen Ausstattung an beruflichen Schulen und multiprofessionelle Teams, auch um die inklusive Berufsbildung zu unterstützen

• Eine absolute und unmittelbare Lehr- und Lehrmittelfreiheit für dual und vollzeitschulische Auszubildende

• Verbesserung der sachlichen Ausstattung einschließlich der Bereitstellung und Wartung von Arbeitsmitteln wie Endgeräte für Lehrkräfte, Bereitstellung eines (digitalen) Arbeitsplatzes in der Schule oder zu Hause gemäß Arbeitsstättenverordnung

Wenn Berufsschule, dann Berufsschule:
Das Berufsbildungsgesetz hat die Anrechnung der Berufsschulzeit auf die Ausbildungszeit nur ungenügend geregelt. Aktuell besagt das Gesetz, dass nur ein einziger Berufsschultag ab einer bestimmten Stundezahl angerechnet werden kann, sofern es sich nicht um Blockunterricht handelt. Das ist zu wenig. Dadurch werden Auszubildende mit zwei oder mehr Berufsschultagen benachteiligt. Von ihnen kann an diesen Tagen verlangt werden, nach der Berufsschule wieder in den Betrieb zurückzukehren.

Wir fordern:

Eine Änderung des Berufsbildungsgesetzes dahingehend, dass grundsätzlich an einem Berufsschul- oder Hochschultag, unabhängig von der Länge der Unterrichtszeit und der Entfernung der Berufs- oder Hochschule zum Betrieb, keine Rückkehr in den Betrieb vorgeschrieben werden kann. Zur Unterrichtszeit in der Berufsschule muss auch immer Lernzeit im Distanz- und digitalen Unterricht zählen.

 

Der Beschluss vom 28.09.2024 wurde am 29.08.2024 an die Antragskommission des Bundesparteitages und an die Bundestagsfraktion übersendet.

Beschluss-PDF:
Stellungnahme(n):
Der Antrag wurde am 29.08.2024 weitergeleitet.
Überweisungs-PDF: