2024/E/1 Keine Einbahnstraße der Verantwortung- EU-Lieferkettengesetz jungsozialistisch gedacht

Status:
Nicht Abgestimmt

Wir alle haben lange darauf gewartet: Das EU-Lieferkettengesetz. Doch von einer Gesellschaft mit fairen Lieferketten ohne Ausbeutung sind wir meilenweit entfernt. Zu viele Aspekte wurden ausgelassen oder schlichtweg ignoriert. Zu sehr wurde auf die Vorteile der Unternehmen geachtet, statt Arbeiter*innen ausreichend vor Ausbeutung und lebensbedrohlichen Arbeitsumgebungen zu schützen. Daher wollen wir Jusos uns für ein EU-Lieferkettengesetz einsetzen, bei dem Unternehmen endlich zur Verantwortung gezogen werden und Arbeiter*innen wirklich geschützt werden.

 

Um dies zu erreichen, bedarf es der Erfüllung folgender Forderungen:

 

-Unternehmen ausreichend in die Pflicht nehmen!-

Was in der Theorie des EU-Lieferkettengesetzes sehr einfach klingt, ist in der Realität schier unmöglich: Es gibt kaum Beschwerdestellen, an die sich Arbeiter*innen im Fall von klimaschädigendem Verhalten oder gar Menschenrechtsverletzungen seitens der Arbeitgeber*innen wenden können. Es ist also schlichtweg nicht möglich, diese Verletzungen zu erfassen. Aus diesem Grund fordern wir eine flächendeckende Einrichtung von Beschwerdestellen und Betriebsräte für Arbeitende.

Doch nicht nur die mangelnden Beschwerdestellen sind ein großer Schwachpunkt des Gesetzestextes: Es bedarf auch einer transparenten Berichterstattung der Unternehmen, inklusive der Tochterunternehmen, um sicherstellen zu können, dass ausreichende Maßnahmen zur Prävention von Ausbeutung durchgeführt werden. Zudem kann durch die Veranlassung regelmäßiger Berichterstattungen eine langfristige Kontrolle der Lieferketten gewährleistet werden.

Ebenfalls fordern wir eine vollständige Kontrolle aller Lieferketten. So wird beispielsweise die Herkunft von Rohstoffen aktuell noch nicht durch das EU- Lieferkettengesetz erfasst, obwohl diese oftmals aus Ländern importiert werden, in denen die Arbeiter*innen unfair entlohnt und bei ihrer Arbeit, wenn überhaupt, nur äußerst mangelhaft geschützt werden. Ebenfalls ist die Förderung von Rohstoffen in solchen Werken und Minen meist hochgradig schädigend für die lokale Umwelt und unser Klima. Zudem wollen wir, dass gewerkschaftliche Organisation im Prozess der Lieferketten mitgedacht wird. Dort wo Gewerkschaften unterdrückt werden, muss es für die Arbeiter*innen mit dem Lieferkettengesetz eine Chance auf gewerkschaftliche Selbstorganisation geben.

 

-Betriebe haftbar machen!-

Dadurch, dass Haftungsregelungen aktuell individuell von Unternehmen festgelegt werden können, liegt eine große Grauzone im EU-Lieferkettengesetz vor, welche so schnell wie möglich behoben werden muss. Ebenfalls gibt es keine genauen Definitionen bezüglich der Anspruchsgrundlage der Geschädigten, was einen möglichen Prozess nochmals drastisch verzögert.

Aus diesem Grund fordern wir sowohl klare Qualitätskriterien, um diese rechtliche Lücke zu schließen, als auch, dass Geschädigte anstatt eines Bußgeldes, welches dem Staat zusteht, zusätzlich Schadensersatz für die eigene Person einklagen können.

Ebenso wird in dem aktuell vorliegenden Gesetzestext nicht thematisiert, welche Partei während eines laufenden Gerichtsverfahrens die Beweislast trägt. Aus diesem Grund ist für uns klar: Nicht nur vor, sondern auch während des Verfahrens müssen Arbeitende zur Genüge unterstützt werden. Entsprechend bedarf es einer Beweislastumkehr für die regulierten Unternehmen, welche im Falle einer Verletzung des EU-Lieferkettengesetzes die vollständigen Prozesskosten tragen sollen.

Da sich die Arbeiter*innen zumeist in anderen Ländern als das sie beauftragende Unternehmen befinden, muss festgelegt werden, nach welchem Recht innerhalb des Gerichtsverfahrens geklagt wird. Für uns ist klar: Zum Schutze der Arbeitnehmer*innen muss das Recht des Landes gelten, in dem sich das auftraggebende Unternehmen befindet.

Zusätzlich soll durch Kollektivklagen und Unterstützungen von NGOs ermöglicht werden, dass jede*r Arbeiter*in in der Lage ist, Menschenrechtsverletzungen oder umweltschädigende Maßnahmen zur Anzeige bringen zu können –faire Arbeitsbedingungen dürfen kein Privileg sein!

 

-Klimabezogene Sorgfaltspflichten wahren!-

Die aktuell ergriffenen Maßnahmen für einen gerechten Klimaschutz sind unzureichend und halten keines der beschlossenen Ziele zur Reduktion der CO2-Emissionen ein. Insbesondere der Abbau von Rohstoffen stellt durch die Übernutzung natürlicher Ressourcen erhebliche Belastungen für unser Ökosystem dar. Doch auch beim Klimaschutz gibt es für Unternehmen keine einheitlichen und bindenden Maßnahmen.

Zwar müssen nach Artikel 15 des EU-Lieferkettengesetzes Unternehmen einen Klimaschutzplan aufstellen, der unter bestimmten Umständen auch Emissionsreduktionsziele enthalten muss, jedoch ist dieser Artikel so unklar definiert, dass Inhalte und Reichweite der aufgestellten Klimaschutzpläne völlig unklar bleiben.

Deshalb setzen wir uns für die Verabschiedung einer Umweltgeneralklausel ein, welche besagt, dass die Umwelt durch die Lieferketten der Unternehmen keinerlei Schäden erleiden darf. Sollte es doch zu einer Verletzung dieser Umweltgeneralklausel kommen, so gilt das Verursacher*innenprinzip, bei dem das verursachende Unternehmen entsprechend des Ausmaßes der Schädigungen dazu verpflichtet wird, ein Bußgeld zu zahlen.

 

-Unternehmen müssen ihre Pflichten konsequent durchsetzen!-

Da davon auszugehen ist, dass eine freiwillige Einhaltung der Sorgfaltspflichten nicht bei allen Unternehmen erfolgreich sein wird, sprechen wir uns bei Nichteinhaltung für Sanktionen aus, welche sich prozentual am Jahreseinkommen des beschuldigten Unternehmens orientieren. Dabei gibt es zwar eine Mindesthöhe für den Betrag des Bußgeldes, jedoch keine Grenze, wie hoch das Bußgeld sein darf. Dadurch werden Unternehmen davon abgeschreckt, gegen das EU-Lieferkettengesetz zu verstoßen und gleichzeitig dazu motiviert, eigenständig ihre Lieferkette auf Menschenrechtsverletzungen und umweltschädigendes Verhalten zu überprüfen.

Ebenso soll es auch allen Stakeholder*innen ermöglicht werden, Bedenken gegen Unternehmen geltend zu machen und weitere Untersuchungen einzuleiten. Denn nur so kommt es zu einer konsequenten Einhaltung der fairen Lieferketten und im Falle eines Verstoßes ist es so möglich, diesen schneller und effizienter aufzudecken.

Empfehlung der Antragskommission:
Überweisen an: Abgeordnete Europaparlament, Bundestagsfraktion