Die Folgen des Klimawandels waren in diesem Sommer dramatisch offensichtlich, Waldbrände, verheerende Überschwemmungen, höchste Temperaturen seit Aufzeichnung.
Hervorgerufen wird der anhaltende dramatische Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur in erster Linie durch Treibhausgasemissionen, die Emission von CO2.
80% der CO2-Emissionen entstehen im Verkehrssektor, und hier insbesondere im Straßenverkehr.
Während in europäischen Haushalten und in der Industrie deutliche Rückgänge der Treibhausgas- Emissionen zu verzeichnen sind, bleiben die Werte im Verkehr deutlich hoch.
Es braucht jetzt die Mobilitätswende!
Das bedeutet eine Abkehr von bislang priorisiertem Individualverkehr und hin zu einem klima-, sozial- und gendergerechten ÖPNV!
Mobilität ist ein Grundbedürfnis, aber es heißt nicht Automobilmobilität. Um die Mobilitätswende einzuleiten, sind Anreize für Individualverkehr kontraproduktiv.
Wir fordern:
• Wir fordern ein Tempolimit: während in allen europäischen Ländern Tempolimits gelten, gibt es in Deutschland keine Obergrenze. Der ADAC, der lange Zeit ein Tempolimit ablehnte, rechnet zuletzt mit einem Einsparpotential von etwa zwei Millionen Tonnen CO2 jährlich durch ein generelles Tempolimit von 130km/h und beruft sich auf Daten des Umweltbundesamtes.
• Dienstwagenprivileg abschaffen: die steuerlichen Ausnahmeregelungen für Dienstwagen führen nicht nur zu einer sozialen Schieflage im Verkehrsbereich, sondern auch zu einer ökologischen! Solange die Anschaffung neuer, hochpreisiger und CO2-emmissionsintensiver Dienstwagen finanziell attraktiv bleibt, schafft das Anreize für die Nutzung, die in den meisten Fällen nur durch eine Einzelperson erfolgt.
• Subventionen für Flugbenzin streichen, Kurzstreckenflüge einschränken: neue Autos mit starkem Verbrennermotor und hohem CO2-Ausstoß deutlich stärker versteuern, um den Anreiz zu schaffen, sparsamere Pkw zu kaufen
• Steuerentlastungen zugunsten der Autoindustrie reduzieren: trotz Rekordgewinne profitieren die Automobilkonzerne von Kaufprämien und staatlich gewährten Hilfen. Die Unternehmen streichen mittlerweile ihre günstigeren Einstiegsmodelle und erhöhen für den Rest die Preise. Gleichzeitig wird staatlich subventionierte Kurzarbeit genutzt, um selbstverschuldete Lieferengpässe zu kompensieren (Handelsblatt v. 12.05.22). Demgegenüber stehen Rekord-Dividenden.
• Werbeverbot „Statussymbol“ Auto (ähnlich Werbeverbot für Süßigkeiten im Kinderprogramm)
• Erstattung von Fahrtkosten in voller Höhe für ÖPNV: anstelle der derzeitigen Regelung der Erstattung von Fahrtkosten für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Höhe von 30 Cent pro Kilometer und Arbeitstag werden die Fahrtkosten für die Nutzung des ÖPNV vollständig übernommen.
Alternativen schaffen!
• Investitionen in CO2-arme Technologien verstärken: Finanzhilfen bereitstellen für Projekte, die darauf abzielen, CO2-arme Technologien in den Bereichen Wasserstoff, Energiespeicherung und erneuerbare Energien auf den Markt zu bringen. Die Förderung von Projekten, die im Vergleich zu herkömmlicher Technologien Alternativen entwickeln, mit denen die Treibhausgasemissionen gesenkt werden können, und über den Stand der Technik hinausgehende Innovationen schaffen, ist primär.
• Verlagerung auf hybrides/digitales Arbeiten fördern: hybride und digitale Arbeitsmodelle bieten Unternehmen und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zukunftsorientierte Arbeitsmöglichkeiten, die nicht nur die Möglichkeit für bessere Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit bieten, sondern auch die Anzahl notwendiger Fahrten deutlich verringern
• Rufbus/Ruftaxi und Fahrgemeinschaften/betriebliche Fahrdienste/ Carsharing fördern: mit den Möglichkeiten, die die Digitalisierung bietet, kann ein einfaches und niedrigschwellig erreichbares System von Mitfahrgelegenheiten, Fahrgemeinschaften, ÖV-Angeboten erheblich zu einer Reduktion der Verkehrsleistung beitragen.
• Verkehrsvermeidung durch Infrastruktur: Nachhaltige Mobilitätswende heißt Verkehrsvermeidung. Hierfür sind die Rahmenbedingungen zu schaffen bzw. zu erhalten, die es den Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen, zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse möglichst wenig motorisierten Verkehr nutzen zu müssen.
• Nahversorger im ländlichen Raum erhalten/fördern: Einkaufszentren und Supermärkte wurden in die Fläche, oft ohne Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel, geplant. Solche Entwicklungen gilt es zu korrigieren. Zu den Aufgaben der Städteplanung gehört zwingend, Möglichkeiten zu schaffen, damit die Menschen sich in ihrer Wohnumgebung versorgen können („Stadt der kurzen Wege“)
• Sichere Radwege – priorisierter Ausbau Rad- und Fußwegenetz: eine nachhaltige Verkehrswende und ein modernes klimafreundliches Mobilitätssystem beinhalten eine Priorisierung des Radverkehrs und eine Abkehr von bisheriger Radwegeplanung, die oft nur an bestehende Straßen angepasst wird. Es werden mehr und besser vernetzte Radwege gebraucht, die ausreichend breit und vom Autoverkehr getrennt sind, dazu Stell- und Ladeplätze für Fahrräder (Parkhäuser für Fahrräder) und intelligente Verkehrsleitsysteme für vernetzte Radwege.
• Verkehrsfreie Innenstädte und P&R: Städte sind Lebensraum, öffentlicher Raum ist existenziell für gesellschaftliches Leben. Um diese Räume gesund und attraktiv zu gestalten, muss Lärm reduziert und die Luftqualität verbessert werden. Statt verstopfter Straßen, schlechter Luft und genervten Bewohnern sind die Innenstädte von Autoverkehr weitestgehend zu befreien, und dafür fußgänger- und radfreundlich zu gestalten. Dies gelingt mit einem konsequenten Ausbau des ÖPNV vom Umland bis in die Zentren, so dass sich der Pendlerverkehr in die Städte verringert.
• Reaktivierung stillgelegter Bahntrassen: insbesondere in ländlichen Regionen finden sich viele stillgelegte, derzeit nicht genutzte Bahntrassen. Diese zu reaktivieren, wäre ein wichtiger Beitrag, um Individualverkehr zu vermeiden und so positive Effekte für den Klimawandel zu erzeugen. Auch für die Nutzung des Güterverkehrs beinhaltet die Reaktivierung stillgelegte Eisenbahnstrecken Potenziale zur Treibhausgasminderung und zur Entlastung der Straßen.
Attraktiver und kostengünstiger ÖPNV: ein ÖPNV, den die Menschen als echte Alternative zum Auto wahrnehmen, wird als umweltverträglicher Verkehrsträger die Mobilitätswende sichern.
Dafür ist der ÖPNV notwendig stärker an den Bedarfen von Frauen und Familien zu orientieren.
Frauen, die nach wie vor mehr Sorgearbeit als Männer verrichten, legen mehr kurze Strecken für Versorgungsfahrten zurück. Daher ist insbesondere im ländlichen Raum die Taktung auszubauen, damit die Wegezeiten für die Strecken zwischen Wohnort, Arbeitsplatz und Betreuungsorten gut organisiert werden können. Notwendig sind zeiteffiziente Linienführungen, orientiert an den Bedürfnissen Arbeit-Schule/Kita-Einkauf-Arzt-Behördengänge-Freizeit, zB durch mehr Haltestellen und kurze Strecken, ähnlich den Streckennetzen im städtischen Linienverkehr.
Erhebungen aus zahlreichen Städten und auch bundesweit belegen, dass Frauen öffentliche Verkehrsmittel deutlich stärker nutzen als Männer und eher bereit sind, sich klimagerecht zu verhalten. Auch wenn die Sicherheit an den Haltestellen und Bahnhöfen statistisch gewährleistet ist, müssen für das subjektive Sicherheitsempfinden von Frauen Angsträume (Dunkelstellen zB) vermieden werden, Bahnhöfe und Haltestellen sind hell, gut einsehbar und sauber zu gestalten.
Wesentlich zur Steigerung der Akzeptanz des ÖPNV ist Barrierefreiheit in Bahnhöfen, Haltestellen, und beim Einstieg in Bus/Bahn. Es bedarf eines grundsätzlichen Raumangebots in Bus und Zug für Kinderwagen, Rollator und Fahrräder.
Preisgestaltung:
Mobilität sichert gesellschaftliche Teilhabe. Daher muss Mobilität insbesondere auch im Rahmen der Abkehr vom Individualverkehr sozial gerecht gesellschaftliche Teilhabe garantieren. Die Nutzung des ÖPNV muss dauerhaft für alle Bevölkerungsschichten bezahlbar sein.
Dafür müssen auch Tarifzonen ausgebaut und Begrenzungen abgeschafft werden.
Tarife sind dann transparent zu gestalten.
Um allen Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zum ÖPNV zu ermöglichen, ist der Zugang zu den Tickets barrierefrei zu gestalten und dabei eine Beschränkung auf onlineBuchungen zu vermeiden.
Mobilität gehört zu den Grundbedürfnissen, ÖPNV als Mittel zur Mobilitäts- und Klimawende zur Daseinsvorsorge.
Die Kommunen sind daher aufgerufen, die Rekommunalisierung des ÖPNV als Möglichkeit zu prüfen und zu nutzen.
Die Mobilitätswende gelingt nur mit einem attraktiven ÖPNV!