2018/KL/16 Rückkehr zum Sozialwohnungsbau

Status:
Überweisung

Der Landesparteitag möge beschließen:

Um breiten Bevölkerungsschichten angemessenen und bezahlbaren Wohnraum zu verschaffen, muss der soziale Wohnungsbau von Bund, Ländern, Landkreisen und Kommunen mit einem Auf- und Umbau-Programm starten.

  1. Neben dem Mietwohnungsbau und dem Kauf von Belegungsrechten umfasst diese Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern, Landkreisen und Kommunen auch die Wohneigentumsbildung für einkommensschwache Bevölkerungsschichten. Die erforderlichen Finanzierungsmittel sind dementsprechend gemeinsam aufzubringen.
  2. Die Gemeinnützigkeit im Sozialen Wohnungsbau ist wiedereinzuführen.
  3. Die bis 2019 befristeten Kompensationszahlungen des Bundes zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus sind zu verstetigen und im Sinne der Gemeinschaftsaufgabe nachhaltig und in ausreichender Höhe zu leisten.
  4. Bund und Länder legen revolvierende Fonds zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus auf, um dessen Finanzierung nachhaltig und unabhängig von Konjunktur- und Haushaltslagen zu gewährleisten. Diese sind ausreichend mit Kapital auszustatten.
  5. Im Hinblick auf die Nachhaltigkeit hat die Objektförderung Vorrang vor der Subjektförderung (Wohngeld usw.). Die Mietpreisbindungsfristen für geförderten Wohnraum sind angemessen zu verlängern, um nachhaltig bezahlbare Mieten zu gewährleisten, zur Vermeidung von Fehlbelegungen sozialer Wohnungen sind wirksame Kontrollmechanismen (Fehlbelegungsabgabe) zu schaffen.
  6. Die Kommunen und sonstigen Gebietskörperschaften werden aufgefordert, im erforderlichen Umfang preiswerte Grundstücke (Bundes-, Länder- und kommunale Liegenschaften) für den sozialen Wohnungsbau auszuweisen und/oder Erbbaurechte zu vergeben. Der Anteil der Grundstücke für den sozialen Wohnungsbau soll in der Bauleitplanung mit mindestens 25 % der bebaubaren Flächen bemessen werden. Für Quartierslösungen mit sozialer Durchmischung sind Kriterien festzulegen.
  7. Um auch in kleineren Gemeinden sozialen Wohnungsbau zu ermöglichen, ist die Landkreisordnung so zu ändern, dass die Verantwortung für den sozialen Wohnungsbau auf die Landkreise übertragen wird, mit Ausnahmen bei größeren kreisangehörigen Städten und mit Bestandsschutz bei bestehenden Wohnungsbauunternehmen kleinerer Gemeinden.
  8. Die Regionalplanungsbehörden werden aufgefordert, den Kommunen in ausreichendem Maß zu ermöglichen, Grundstücke für den (sozialen) Wohnungsbau auszuweisen. Die Kommunen sind gehalten, eine aktive Bodenpolitik zu betreiben, um ausreichende und preisgünstige Baugrundstücke für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen. Dabei ist auf soziale Durchmischung zu achten.
  9. Genossenschaften/Bauvereine/sonstige Privatinitiativen sind zu stärken und durch Beratungsstellen zu unterstützen.
  10. Die Finanzierung von Umbaumaßnahmen für ältere und benachteiligte Menschen ist durch Zuschüsse und Kreditbürgschaften zu gewährleisten.
  11. Bei der Ausweisung von Bauland ist die Einführung einer Wertabschöpfungsabgabe notwendig, um den Kommunen die Mitfinanzierung des sozialen Wohnungsbaus und der Infrastruktur zu erleichtern.
  12. Bauverpflichtungen sind in die Bauleitplanung aufzunehmen. Die Nicht-Bebauung von Baugrundstücken und das Verfallenlassen von Gebäuden aus Spekulationsgründen ist gesetzlich zu unterbinden.
  13. Maßnahmen für kostengünstiges Bauen sind zu forcieren und umzusetzen:
  • Erlass der Grunderwerbssteuer und der Grundsteuer für den sozialen Wohnungsbau
  • Überprüfung baurechtlicher Vorschriften, Normen und Standards (z.B. grundsätzlich nur noch barrierefreies Bauen zulassen, Prüfung des Umfangs energetischer Sanierungen usw.)
  • zügige Bearbeitung von Bauanträgen
  • Vereinheitlichung der Landesbauordnungen
  • Weiterentwicklung des standardisierten Bauens
  • Überprüfung steuerlicher Anreize

14. Aufnahme neuer Wohnformen in die öffentliche Förderung und nachhaltige Umsetzung von Modellprojekten z.B.

  • Mehrgenerationenprojekte (keine Altenghettos!)
  • (Pflege-) Wohngemeinschaften
  • Haus-/Wohngemeinschaften
  • Service-Wohnen (Betreutes Wohnen) mit gesetzlich definierten Mindestanforderungen
  • Umwandlung von ländlichen Anwesen zum gemeinschaftlichen Wohnen
  • genossenschaftliches Wohnen.
  • Bürgerschaftliche Initiativen sind frühzeitig an der Planung zu beteiligen, um mit angemessener Vorlaufzeit eine gemeinsame Realisierung mit den Behörden zu gewährleisten.
Begründung:

Wohnen ist ein Grundbedürfnis der Menschen. Wohnen ist somit eine Aufgabe der Daseinsvorsorge der Gebietskörperschaften. Der soziale Wohnungsbau betrifft den staatlich geförderten Bau von Wohnungen insbesondere für soziale Gruppen, die ihren Wohnungsbedarf nicht oder nur schwer am freien Wohnungsmarkt decken können.
Je nach System ist der soziale Wohnungsbau wirtschafts- und sozialpolitisch eine Ergänzung der Wohnbauförderung oder tritt an ihre Stelle.
Deutschland war bis zur Abschaffung der Privilegien und Bindungen der Wohnungs-gemeinnützigkeit (Befreiung von Körperschafts-. Gewerbe- und Vermögenssteuer, teilweise in einzelnen Bundesländern auch von der Grunderwerb- und Grundsteuer) in 1988 eine Hochburg des qualitativen und quantitativen sozialen Wohnungsbaus. Im Folgenden zog sich der Bund weitgehend aus dessen Förderung zurück. Zudem stellten viele ehemals Gemeinnützige Wohnungsbauunternehmen und Gebietskörperschaften umfangreiche Bestände dem freien Wohnungsmarkt durch Veräußerung zur Verfügung.
In der Vergangenheit wurde etwa ein Drittel sozial und preislich gebundener Wohnungen als Voraussetzung für eine sozial ausgleichende Wohnungspolitik angesehen. Davon kann heute nicht mehr die Rede sein. Gab es im Jahre 1987 noch 3,9 Mio. Sozialwohnungen in Deutschland, so wurden in 2001 nur noch rd. 1,8 Mio. Sozialwohnungen gezählt. Zudem kann davon ausgegangen werden, dass jährlich weitere ca. 100.000 Wohnungen ihren Status als Sozialwohnungen verlieren. Der Mangel an Sozialwohnungen, insbesondere in Ballungsgebieten und sogenannten Schwarmstädten ist mittlerweile allseits anerkannt. Die politisch Verantwortlichen dürfen deshalb die erforderlichen Maßnahmen nicht weiter vor sich herschieben.
Mit der Förderalismusreform 2006 ging die Zuständigkeit der Förderung des sozialen Wohnungsbaus ausschließlich in die Kompetenz der Bundesländer über. Der Bund zahlt für den Übergangzeitraum Kompensationsleistungen 2007 bis 2019 von 518 Mio. € jährlich an die Länder. Dass diese nicht ausreichend sind, hat sich inzwischen gezeigt, zumal die Länder im Hinblick auf Haushaltskonsolidierungen der erforderlichen Mittelbereitstellungen auch nicht in ausreichendem Umfang nachkamen.
Wir fordern deshalb, dass der soziale Wohnungsbau in Zukunft als Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Gebietskörperschaften qualifiziert wird. Zudem ist eine Verstetigung der Finanzierung durch die Schaffung revolvierender Fonds notwendig, die unabhängig von Konjunktur- und Haushaltslagen die Finanzierung des sozialen Wohnungsbaus nachhaltig garantieren.
Die Gebietskörperschaften müssen eine aktive Grundstückspolitik betreiben, um preisgünstiges Bauland auszuweisen. Bund und Länder sind gehalten, aus ihren Beständen preisgünstige Baugrundstücke zur Verfügung zu stellen bzw. Erbaurechte auszuweisen. Beim Ausweis von neuem Bauland sollen ca. 30% der Grundstücke für sozialen Wohnungsbau reserviert werden.
Wir fordern die Einführung einer Wertabschöpfungsabgabe beim Ausweis von Bauland, deren Erträge zur Verbilligung des Baulands für den sozialen Wohnungsbau eingesetzt werden könnte.
Des Weiteren sind die Zuständigkeiten für den sozialen Wohnungsbau zu überprüfen. Da Gemeinden und kleinere kreisangehörige Städte zumeist nicht in der Lage sind, den Erfordernissen gerecht zu werden, soll die Landkreisordnung dahingehend geändert werden, dass die Zuständigkeit für den sozialen Wohnungsbau den Landkreisen übertragen wird.
Neben den Gebietskörperschaften sind auch Genossenschaften, Bauvereine und sonstige private Initiativen zu unterstützen und zu fördern.
Darüber hinaus ist auch die Förderung von neuen Wohnformen sowie Rück- und Umbau des Wohnraums für ältere Menschen angemessen zu unterstützen. Ebenfalls muss bezahlbarer Wohnraum für junge Familien, Alleinerziehende, Geringverdiener, Studenten und andere Bedürftige zur Verfügung gestellt werden.
Um kostengünstiges Bauen in diesem Segment zu ermöglichen, fordern wir den Erlass von Grunderwerb- und Grundsteuer für den sozialen Wohnungsbau. Die baurechtlichen und DIN-Normen sind auf Zweckmäßigkeit, Kosten und Nutzen hinzu überprüfen.

Der Nichtbebauung von Baugrundstücken muss ein Riegel mittels Bauverpflichtungen vorgeschoben werden, ebenfalls dem Unterlassen von Sanierungen und Verfall von Gebäuden aus Spekulationsgründen.
Wir fordern die politisch Verantwortlichen auf, unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen zu beschließen und umzusetzen, damit künftig ausreichender Wohnraum für alle Bevölkerungsschichten zur Verfügung steht und kein Mensch mehr ohne Obdach sein muss.

Empfehlung der Antragskommission:
Überweisen an
Version der Antragskommission:

Landtagsfraktion und Bundestagsfraktion

Beschluss: Überweisung an die Landtagsfraktion/Bundestagsfraktion. Der Landesparteirat soll das Thema behandeln.
Text des Beschlusses:

Um breiten Bevölkerungsschichten angemessenen und bezahlbaren Wohnraum zu verschaffen, muss der soziale Wohnungsbau von Bund, Ländern, Landkreisen und Kommunen mit einem Auf- und Umbau-Programm starten.

  1. Neben dem Mietwohnungsbau und dem Kauf von Belegungsrechten umfasst diese Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern, Landkreisen und Kommunen auch die Wohneigentumsbildung für einkommensschwache Bevölkerungsschichten. Die erforderlichen Finanzierungsmittel sind dementsprechend gemeinsam aufzubringen.
  2. Die Gemeinnützigkeit im Sozialen Wohnungsbau ist wiedereinzuführen.
  3. Die bis 2019 befristeten Kompensationszahlungen des Bundes zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus sind zu verstetigen und im Sinne der Gemeinschaftsaufgabe nachhaltig und in ausreichender Höhe zu leisten.
  4. Bund und Länder legen revolvierende Fonds zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus auf, um dessen Finanzierung nachhaltig und unabhängig von Konjunktur- und Haushaltslagen zu gewährleisten. Diese sind ausreichend mit Kapital auszustatten.
  5. Im Hinblick auf die Nachhaltigkeit hat die Objektförderung Vorrang vor der Subjektförderung (Wohngeld usw.). Die Mietpreisbindungsfristen für geförderten Wohnraum sind angemessen zu verlängern, um nachhaltig bezahlbare Mieten zu gewährleisten, zur Vermeidung von Fehlbelegungen sozialer Wohnungen sind wirksame Kontrollmechanismen (Fehlbelegungsabgabe) zu schaffen.
  6. Die Kommunen und sonstigen Gebietskörperschaften werden aufgefordert, im erforderlichen Umfang preiswerte Grundstücke (Bundes-, Länder- und kommunale Liegenschaften) für den sozialen Wohnungsbau auszuweisen und/oder Erbbaurechte zu vergeben. Der Anteil der Grundstücke für den sozialen Wohnungsbau soll in der Bauleitplanung mit mindestens 25 % der bebaubaren Flächen bemessen werden. Für Quartierslösungen mit sozialer Durchmischung sind Kriterien festzulegen.
  7. Um auch in kleineren Gemeinden sozialen Wohnungsbau zu ermöglichen, ist die Landkreisordnung so zu ändern, dass die Verantwortung für den sozialen Wohnungsbau auf die Landkreise übertragen wird, mit Ausnahmen bei größeren kreisangehörigen Städten und mit Bestandsschutz bei bestehenden Wohnungsbauunternehmen kleinerer Gemeinden.
  8. Die Regionalplanungsbehörden werden aufgefordert, den Kommunen in ausreichendem Maß zu ermöglichen, Grundstücke für den (sozialen) Wohnungsbau auszuweisen. Die Kommunen sind gehalten, eine aktive Bodenpolitik zu betreiben, um ausreichende und preisgünstige Baugrundstücke für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen. Dabei ist auf soziale Durchmischung zu achten.
  9. Genossenschaften/Bauvereine/sonstige Privatinitiativen sind zu stärken und durch Beratungsstellen zu unterstützen.
  10. Die Finanzierung von Umbaumaßnahmen für ältere und benachteiligte Menschen ist durch Zuschüsse und Kreditbürgschaften zu gewährleisten.
  11. Bei der Ausweisung von Bauland ist die Einführung einer Wertabschöpfungsabgabe notwendig, um den Kommunen die Mitfinanzierung des sozialen Wohnungsbaus und der Infrastruktur zu erleichtern.
  12. Bauverpflichtungen sind in die Bauleitplanung aufzunehmen. Die Nicht-Bebauung von Baugrundstücken und das Verfallenlassen von Gebäuden aus Spekulationsgründen ist gesetzlich zu unterbinden.
  13. Maßnahmen für kostengünstiges Bauen sind zu forcieren und umzusetzen:
  • Erlass der Grunderwerbssteuer und der Grundsteuer für den sozialen Wohnungsbau
  • Überprüfung baurechtlicher Vorschriften, Normen und Standards (z.B. grundsätzlich nur noch barrierefreies Bauen zulassen, Prüfung des Umfangs energetischer Sanierungen usw.)
  • zügige Bearbeitung von Bauanträgen
  • Vereinheitlichung der Landesbauordnungen
  • Weiterentwicklung des standardisierten Bauens
  • Überprüfung steuerlicher Anreize

14. Aufnahme neuer Wohnformen in die öffentliche Förderung und nachhaltige Umsetzung von Modellprojekten z.B.

  • Mehrgenerationenprojekte (keine Altenghettos!)
  • (Pflege-) Wohngemeinschaften
  • Haus-/Wohngemeinschaften
  • Service-Wohnen (Betreutes Wohnen) mit gesetzlich definierten Mindestanforderungen
  • Umwandlung von ländlichen Anwesen zum gemeinschaftlichen Wohnen
  • genossenschaftliches Wohnen.
  • Bürgerschaftliche Initiativen sind frühzeitig an der Planung zu beteiligen, um mit angemessener Vorlaufzeit eine gemeinsame Realisierung mit den Behörden zu gewährleisten.

 

Der Antrag wurde am 03. Dezember 2018 an die Landtagsfraktion/Bundestagsfraktion weitergeleitet.

Beschluss-PDF: