Der Landesparteitag möge beschließen:
Die SPD-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, sich für die Sozialversicherungspflicht von Minijobs einzusetzen.
Seit Jahrzehnten fordert die ASF zusammen mit zahlreichen anderen Frauenverbänden, beispielsweise dem Deutschen Frauenrat, Minijobs in sozialversicherte Arbeitsverhältnisse umzuwandeln.
Minijobs sind mit derzeit rund 7,5 Mio. geringfügig entlohnten Beschäftigten am Arbeitsmarkt fest verankert. Gerechtfertigt wurde der Sonderstatus Minijob einst mit dem traditionellen Familienmodell in der alten Bundesrepublik, in dem Frauen höchstens einen kleinen Hinzuverdienst haben sollten. Inzwischen hat sich dieses Familienmodell jedoch grundlegend gewandelt. So geriet im Zuge der Hartz-Reformen das Hinzuverdienstargument in den Hintergrund und arbeitsmarktpolitische Argumentationen wurden in den Vordergrund gerückt. Minijobs sollten von nun an als Niedriglohninstrument ein Sprungbrett in reguläre Beschäftigung sein. Zwischenzeitlich haben auch zahlreiche wissenschaftliche Studien belegt, dass Minijobs eher als Mauer denn als Sprungbrett wirken. Darum sprach auch im Frühjahr 2017 die Sachverständigenkommission zum Zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung mit Nachdruck die Empfehlung aus, die derzeitige Minijobpolitik zu überprüfen und die bestehende staatliche Förderung geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse deutlich zurückzufahren.
Für unsere erneute Forderung greifen wir die Vorschläge des DGB von 01/2018 auf. Personen mit geringen Einkommen sollen voll in die soziale Sicherung integriert werden. Bei sehr niedrigen Einkommen sollen allerdings die Beiträge auf Arbeitgeber und Beschäftigte unterschiedlich verteilt werden, so dass der Anteil für die Beschäftigten schrittweise steigt, während die Belastung für die Arbeitgeber sinkt. Ab 850 Euro soll dann die paritätische Finanzierung greifen. So werden Anreize in den Betrieben geschaffen, das Arbeitsvolumen auszuweiten, wenn es von den Beschäftigten gewünscht wird. Zugleich berücksichtigt der Vorschlag die Interessen von Geringverdienerinnen bzw. Geringverdienern und stärkt ihre soziale Absicherung und die Durchsetzung ihrer arbeitsrechtlichen Ansprüche. Um die Arbeitsbedingungen in Kleinstarbeitsverhältnissen zu verbessern, sind aber auch mehr Kontrollen nötig, und der Mindestlohn darf auf keinen Fall verwässert werden.
Minijobs sind der Motor des Niedriglohnsektors. Das geltende Recht sieht zwar vor, dass Beschäftigte in Minijobs denselben Stundenlohn erhalten müssen wie die anderen Beschäftigten mit vergleichbaren Tätigkeiten im selben Betrieb, doch das ist selten der Fall. Von der Steuer- und Abgabenfreiheit profitieren nicht die Beschäftigten, sondern die Arbeitgeber. Der Trick: Die Löhne werden schon vorab gekürzt.
Noch im April 2014 wurden 83 Prozent der Minijobberinnen und Minijobber mit einem Niedriglohn abgespeist. Der Anteil der ausschließlich geringfügig entlohnten Beschäftigten mit einem Stundenverdienst unter 8,50 Euro lag 2014 sogar bei rund 60 Prozent.
Selbst nach Einführung des gesetzlichen Mindestlohns im Jahr 2015 verdiente fast noch jeder Zweite aus dieser Gruppe weniger als 8,50 Euro pro Stunde.
Auch wenn es für die einzelnen Beschäftigten auf den ersten Blick attraktiv erscheint, einen Minijob auszuüben, da sie von der Einkommenssteuer und den Sozialabgaben befreit werden, ist doch auf mittlere Sicht zu erwarten, dass sie von der Lohnentwicklung und ihren Arbeitnehmerrechten abgekoppelt werden und es schwieriger wird, bei Interesse das Arbeitsvolumen auszuweiten. Das liegt daran, dass Minijobberinnen und Minijobber in den Betrieben eher als Flexibilitätsreserve statt als „echte“ Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wahrgenommen werden.
Minijobs werden überwiegend von Frauen ausgeübt, insbesondere in der Altersklasse von 25 bis 64 Jahren, wenn der Minijob als Haupterwerb ausgeübt wird. Das ist kein Zufall, sondern die Folge von gezielten staatlichen Fehlanreizen.
Wer arbeitet, soll von seinem Einkommen auch leben können. Ein Minijob reicht zur eigenständigen Existenzsicherung nicht aus – weder im Jetzt noch im Alter.
Überweisung an den Landesparteirat mit der Bitte um Konkretisierung und Diskussion.
Überweisung an die Bundestagsfraktion.