2024/E/2 Ausbeutung in Europa stoppen! Eine europäische Lösung für Saisonarbeiter*innen

Status:
Nicht Abgestimmt

Saisonarbeiter*innen leisten einen unverzichtbaren Beitrag für unseren europäischen Lebensstandard, wie beispielsweise in der Landwirtschaft, insbesondere während der Erntezeit. Allein im Jahr 2020 geht man von etwa 10 Millionen Saisonarbeiter*innen in Europa aus. Trotz ihrer wichtigen Rolle sind sie jedoch häufig mit prekären Arbeitsbedingungen, schlechten Unterkünften, unzureichendem Arbeitsschutz und Stundenlöhnen weit unter dem Mindestlohn konfrontiert. Ein Saisonarbeiter aus Spanien berichtet beispielsweise von einem realen Stundenlohn von 4 Euro, andere von überfüllten Betonunterkünften ohne Wasseranschluss, geschweige denn Toiletten. Frauen berichten zudem immer wieder von sexueller Belästigung. Wenn sich Saisonarbeiter*innen über die Zustände beschweren, werden sie meist direkt gekündigt, weswegen die meisten die widrigen Bedingungen hinnehmen. Diese Bedingungen führen oft zu Ausbeutung und Verletzung grundlegender Menschenrechte. Es ist daher dringend notwendig, den Schutz und die Rechte von Saisonarbeiter*innen nicht nur länderspezifisch, sondern auch auf europäischer Ebene zu stärken und effektive Maßnahmen gegen ihre Ausbeutung zu ergreifen. Allein in Italien geht man von schätzungsweise 230 Tausend illegal beschäftigten Saisonarbeiter*innen aus, die prekären Arbeitsbedingungen ausgesetzt sind, ein Großteil der Ernte landet in deutschen Supermärkten. Diese Tragödie, die sich direkt vor unserer Haustür in Europa abspielt, muss ein Ende haben. Moderne Sklaverei – Nein Danke!

 

-Arbeitsschutz durch Mindeststandards-

Es ist essenziell, dass die EU verbindliche Mindeststandards für die Arbeitsbedingungen von Saisonarbeiter*innen einführt, welche nicht unter denen von anderen Fachkräften in Betrieben oder ähnlichen stehen. Diese Standards sollen geregelte Arbeitszeiten, faire Löhne und ausreichende Pausen umfassen.

Wir fordern geregelte Arbeitszeiten, die eine maximale tägliche und wöchentliche Arbeitszeit festlegen, die nicht überschritten werden darf. Dazu gehören auch bezahlte Überstunden sowie gesetzliche Ruhezeiten, um die Gesundheit der Arbeiter*innen zu schützen. Auch dem Lohndumping muss entschieden entgegengewirkt werden. Akkordlöhne dürfen, wenn vertraglich vereinbart, nicht den stündlichen Mindestlohn unterschreiten. So fordern wir, neben einem Europäischen Mindestlohn, dass der stündliche Mindestlohn auch bei Saisonarbeiter*innen strikt eingehalten wird. Die pünktliche sowie transparente Auszahlung der Löhne soll auf nachvollziehbaren Gehaltsabrechnungen basieren. Dazu ist eine transparente Erfassung der Arbeitszeiten unabdingbar.

Es braucht Pausenregelungen, die garantierte Pausen während der Arbeitszeit und zwischen den Arbeitsschichten vorsehen, um die Gesundheit der Arbeiter*innen zu schützen.

 

-Standards müssen eingehalten werden-

Um sicherzustellen, dass diese gesetzlich festgelegten Standards eingehalten werden, müssen regelmäßige Inspektionen durch unabhängige Behörden durchgeführt werden. Diese Behörden sollten umfassende Befugnisse haben, einschließlich des Rechts auf unangekündigte und flächendeckende Kontrollen an Arbeitsplätzen und Unterkünften von Saisonarbeiter*innen. Sie sollen Zugang zu allen relevanten Dokumenten und Informationen haben, um die Einhaltung der Arbeits- und Wohnstandards effektiv überprüfen zu können.

Wer ausbeutet, wird zur Kasse gebeten! Bußgelder für Verstöße verhängen:

Zusätzlich sollten diese Behörden das Recht haben, bei Feststellung von Verstößen sofortige Maßnahmen zu ergreifen, wie die Verhängung von Bußgeldern, die Einleitung von Gerichtsverfahren und, bei schweren oder wiederholten Verstößen, die Schließung von Betrieben. Die Inspektor*innen sollten regelmäßig geschult und auf dem neuesten Stand der relevanten Gesetze und Best Practices gehalten werden, um eine effektive
und faire Durchsetzung der Standards zu gewährleisten.

Ergänzend ist die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle erforderlich, bei der Saisonarbeiter*innen Verstöße anonym und ohne Angst vor Repressalien melden können. Dies muss auch unabhänig von Behörden möglich sein, beispielsweise mit Angeboten von Gewerkschaften. Auch müssen diese Hilfsangebote müssen leicht erreichbar sein
und Saisonarbeiter*innen in ihrer jeweiligen Muttersprache zugänglich sein. Ein effektives Beschwerdemanagement ist unerlässlich, um die Rechte der Saisonarbeiter*innen nachhaltig zu schützen und ihre Arbeitsbedingungen zu
verbessern.

 

-Verstöße müssen folgen haben-

Bei Verstößen gegen die Mindeststandards für Arbeitsbedingungen und Unterkünfte müssen strenge Sanktionen eingeführt werden, um die Rechte von Saisonarbeiter*innen effektiv zu schützen. Unternehmen, die wiederholt gegen diese Standards verstoßen, sollen konsequent zur Rechenschaft gezogen werden. Dazu gehört die Einrichtung eines öffentlichen Registers, in dem diese Unternehmen erfasst und Verstöße sichtbar
gemacht werden.

Die Sanktionen sollen an die Schwere und Häufigkeit der Verstöße angepasst werden. Zu den möglichen Sanktionen gehören Geldbußen, deren Höhe sich nach dem Ausmaß des Verstoßes richtet, sowie die Verpflichtung zur Nachbesserung der Arbeitsbedingungen und Unterkünfte. Bei schwerwiegenden oder wiederholten Verstößen könnten weitere Maßnahmen wie der Entzug von Subventionen oder die Einschränkung der Geschäftstätigkeit erwogen werden. Die Einführung und konsequente Anwendung solcher Sanktionen sind entscheidend, um die Ausbeutung von Saisonarbeiter*innen zu verhindern und die Wahrung ihrer Rechte zu gewährleisten. Sie trägt dazu bei, faire Arbeitsbedingungen zu fördern und das Verantwortungsbewusstsein der Unternehmen zu stärken.

 

-Gute Unterkünfte und Gesundheitsversorgung für die Arbeiter*innen-

Weiter fordern wir die Sicherstellung menschenwürdiger Unterkünfte für Saisonarbeiter*innen, die den Standards für Wohnraum entsprechen. Dazu gehört eine Mindestwohnfläche von 10 qm pro Person. Zudem ist es notwendig, dass diese Unterkünfte Zugang zu grundlegender Gesundheitsversorgung und sanitären Einrichtungen bieten. Nur so kann gewährleistet werden, dass Saisonarbeiter*innen unter Bedingungen leben, die ihrer Würde entsprechen und ihre Gesundheit schützen.

 

-Diskriminierung konsequent bekämpfen – auch auf europäischen Feldern!-

Darüber hinaus ist der Schutz vor Diskriminierung und Missbrauch am Arbeitsplatz und in den Unterkünften unerlässlich. Unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder Nationalität müssen alle Saisonarbeiter*innen vor jeglicher Form von Diskriminierung und Missbrauch geschützt werden. Dies beinhaltet regelmäßige Schulungen für Arbeitgeber*innen und Mitarbeiter*innen über Anti-Diskriminierungsrichtlinien und den Umgang mit Missbrauchsvorwürfen.

Die unabhängige Stelle, die für die Bearbeitung der Beschwerden zuständig ist, sollte auch die Befugnis haben, bei festgestellten Verstößen Sanktionen zu verhängen und erforderlichenfalls rechtliche Schritte einzuleiten. Eine kontinuierliche Überwachung und Berichterstattung über die Anzahl und Art der eingegangenen Beschwerden sowie die ergriffenen Maßnahmen tragen zur Transparenz und Verbesserung des Systems bei.

Durch diesen umfassenden Beschwerdemechanismus können die Rechte der Saisonarbeiter*innen wirksam geschützt und ihre Arbeits- und Lebensbedingungen nachhaltig verbessert werden.

 

-Nur wer seine Rechte kennt, kann sie einfordern: Aufklärung ist die Devise!-

Um Saisonarbeiter*innen über ihre Rechte und mögliche Hilfsangebote zu informieren, fordern wir umfassende Aufklärungskampagnen in den jeweiligen Landessprachen notwendig. Diese Kampagnen sollten alle relevanten Aspekte der Arbeitsbedingungen abdecken und klare Informationen über die Rechte von Saisonarbeiter*innen vermitteln. Dabei ist es entscheidend, dass die Inhalte leicht verständlich und zugänglich sind, um eine breite Zielgruppe zu erreichen.

Zusätzlich sollen Arbeitgeber*innen verpflichtet werden, alle Arbeitsverträge in einer verständlichen Sprache bereitzustellen. Die Verträge müssen detaillierte Informationen über die Arbeitsbedingungen enthalten, einschließlich der Arbeitszeiten, des Lohns, der Urlaubsregelungen und aller relevanten Rechte und Pflichten der Arbeiter*innen. Diese Maßnahme stellt sicher, dass Saisonarbeiter*innen von Anfang an über ihre Arbeitsbedingungen informiert sind und ihre Rechte klar verstehen können.

Die Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen den Arbeitaufsichtsbehörden der EU-Mitgliedstaaten ist entscheidend, um die Durchsetzung der Arbeitsrechte von Saisonarbeiter*innen zu verbessern. Zudem sollte ein EU-weites Register für Saisonarbeitsverträge eingerichtet werden, um Transparenz zu schaffen und Missbrauch zu verhindern. Diese Maßnahmen tragen dazu bei, die Rechte der Saisonarbeiter*innen europaweit zu stärken und zu schützen.

 

Wir fordern daher, verbindliche europäische Mindeststandards für Arbeitsbedingungen für Saisonarbeiter*innen, regelmäßige Inspektionen die durch unabhängige Behörden sichergestellt werden, menschenwürdige Unterkünfte, einen effektiven Beschwerdemechanismus, umfassende Aufklärungskampagnen, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen den nationalen Behörden und die durchsetzung von strengen Sanktionen bei Verstößen. Nur durch diese Maßnahmen können die Rechte und der Schutz von Saisonarbeiter*innen in Europa nachhaltig gestärkt und ein Ende der Ausbeutung sichergestellt werden.

Empfehlung der Antragskommission:
Überweisen an: Abgeordnete Europaparlament, Bundestagsfraktion, Landtagsfraktion